Unsere Stellungnahme zum Planänderungsverfahren für den B2 Tunnel

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Stadtratskolleginnen und -kollegen,

im Hinblick auf die Beratung dieser Angelegenheit in der Sitzung des Ferienausschusses am 17.08.2020 möchten wir folgende Stellungnahme abgeben:

Der Stadt Starnberg ist es aus unserer Sicht aus nachfolgenden genannten Gründen verwehrt, das Planänderungsverfahren wie in der Beschlussvorlage 2020/299 vorgeschlagen „zu begrüßen“ und/oder eine Zustimmung zu erteilen.

1. Anforderungen Brandschutz und BOS

Der fachlichen Stellungnahme der Feuerwehr Starnberg vom 05.08.2020, die auf den bereits dem Staatlichen Bauamt übersendeten Gutachten von Phoenix Fire (Gutachterliche Stellungnahme zum B2-Tunnel) und der International Fire Academy vom 04.11.2018 (Grobkonzept Intervention Straßentunnel) beruht, schließen wir uns inhaltlich an. Über die dort genannten und auch im Planänderungsverfahren nicht erfüllten Anforderungen der BOS-Dienste hinaus bleibt die tatsächliche Umsetzung notwendiger Maßnahmen fraglich. Der Erläuterungsbericht bleibt vage, an mehreren Stellen ist dort nur von einer „möglichen Ausstattung“ die Rede, es gibt keine verbindliche Aussage zur tatsächlichen Umsetzung. Ab einem Schwellenwert von 20.000 Kfz/24 h ist ein Doppelröhrentunnel mit Richtungsverkehr vorgeschrieben. Die Planung eines solchen Tunnels wird seit jeher bewusst und unter Inkaufnahme der Gefährdung Feuerwehrdienstleistender umgangen, indem eine Uralt-Verkehrsprognose zugrunde gelegt wird.

2. Landschaftsschutz

Durch Planfeststellungsbeschluss geregelt war bisher bereits der Verlust einer unglaublich großen Fläche von 0,57 ha biotopwürdiger Gehölzbestände und 0,2 ha biotopwürdiger Buchenwald. Die zusätzliche Flächenversiegelung lag bei rund 0,9 ha. Im Planänderungsverfahren ergeben sich Verluste von nunmehr 0,8 ha an Biotopen und einer zusätzlichen Flächenversiegelung von 1,43 ha. Der dadurch für die Stadt Starnberg entstehende ökologische Schaden wird noch nicht mal im Stadtgebiet ausgeglichen, sondern fernab in Greifenberg bzw. Greiling. Welch katastrophale Auswirkungen das Tunnelbauwerk und insbesondere die Düker-Bauwerke auf die natürlichen Boden- und Wasserverhältnisse haben, kommt deutlich zum Ausdruck, insbesondere durch den Düker 3 (neu), der in den wasserführenden Schichten geplant wird und damit den Grundwasserstrom zum Starnberger See abschneidet. Die geplanten, weil notwendigen, Maßnahmen zur Bodenverfestigung mittels Düsenstrahlverfahrens führen dazu, dass Unmengen von Beton in den Boden eingebracht werden müssen. Die sensible Hydrogeologie und der Schutz des Grundwassers sind extrem gefährdet. Der massive Eingriff ist absolut unverantwortlich. 

3. Städtebau

Aufgrund der Abwehr des Staatlichen Bauamtes zur Anpassung und Aktualisierung des planfestgestellten Lüftungskonzeptes kommt es dazu, dass ein Lüftungskamin an der denkmalgeschätzten Mauer des Schlossgartens in Starnberg gebaut wird. Trotz erwiesener Entbehrlichkeit des Lüftungsbauwerkes wird an dieser Maßnahme festgehalten, obwohl sie kostentechnisch und im Sinne des Denkmalschutzes und Städtebaus unverantwortlich ist.
Welch städtebauliche Verwerfungen dieses Tunnelbauwerk mit Zufahrtsrampen im Stadtbild der Stadt Starnberg auslöst ist deutlich zu erkennen. 4- bis 7-spurige Fahrbahnen trennen die Stadt zukünftig in zwei voneinander getrennte Gebiete, nämlich eines nördlich der B2 und eines südlich der B2. Eine nicht hinnehmbare Entwicklung!

4. Verkehrsbelastung

Schon die in der Kurzbeschreibung des Gesamtvorhabens verwendete Formulierung „durch den Bau eines Entlastungstunnels im Zuge der B2 wird die Leistungsfähigkeit und die Verkehrsqualität für den Durchgangsverkehr deutlich erhöht. Gleichzeitig profitiert die Stadt Starnberg durch eine erhebliche Verkehrsreduktion auf der Hauptstraße und durch die Beseitigung von Schleichverkehren auch auf den Nebenstraßen.“ ist sachlich falsch. Stadtrat und Stadtverwaltung ist bekannt, dass durch den Bau des B2 Tunnels sogar wesentlich mehr Verkehr auf die Stadt Starnberg zukommt (vgl. Prognosefall). Durch den Bau des Tunnels werden innerstädtisch sogar über 2 km mehr Straßenverkehrsfläche für den motorisierten Verkehr geschaffen. Durch das erhöhte Verkehrsaufkommen durch den Tunnel ergeben sich durch die Signalanlagen vor dem Tunnelportal in Spitzenzeiten nicht tragbare Stausituationen auf der Münchner Straße und am Autobahnende, die erwarten lassen, dass die heutigen Staulängen von 400 bis 900 m zukünftig bei weitem überschritten werden. Als Staufolge erhöhen sich CO2- und Abgasemissionen sowie der Verkehrslärm. Die Leistungsberechnung aus dem Planfeststellungsbeschluss beruht auf einer Prognose für 2015, die für die Verkehrsentwicklung in der Boomregion München mit einer Stagnation/negativen Einwicklung der Kfz-Mobilität ausgegangen ist. Dass dem nicht so ist, ist allen bekannt und klar. Eine Aktualisierung der Prognose bzw. eine neue Leistungsberechnung für die Zulaufstrecke Nord wurde vom Vorhabensträger nicht durchgeführt, vermutlich aus gutem Grund, würde sie doch das absolute Versagen des Tunnels zur Verkehrsentlastung der Stadt Starnberg zeigen. Regelungen, die eine Entscheidungsfreiheit der Stadt Starnberg bei der erforderlichen Umgestaltung des ehemaligen Straßenraums der B2 innerorts sowie der angrenzenden Straßenzüge ermöglichen, sind nicht vorhanden. 

5. Kommunal- und haushaltsrechtliche Hindernisse

Anders als von Vorhabensträgerseite regelmäßig behauptet, kommen auf die Stadt Starnberg Kostenbeteiligungen und Finanzierungsanforderungen in einer unfassbaren Größenordnung zu, die selbst bei sparsamster Haushaltsführung niemals zu bewerkstelligen sind.

Gänzlich ungeklärt ist bis heute, in welcher Höhe die Stadt Starnberg tatsächlich an den Straßenumbaumaßnahmen finanziell beteiligt wird. Dies betrifft die Umbaumaßnahmen an den diversen Kreuzungen ebenso wie die straßenräumlichen Umgestaltungen an den Tunnelportalen. Dies betrifft weiterhin die anfallenden Kosten durch die Spartenverlegungen bzw. deren Neubau (beispielsweise Wasser und Abwasser). Weder beziffert noch geregelt ist die Übernahme aller Kosten, die durch das geringe Sicherheitsniveau der Tunnelplanung als Gegenverkehrstunnel, auf die Stadt Starnberg als Träger der örtlichen Feuerwehr für Investitionsmaßnahmen und laufend anfallende Betriebs- und Personalkosten zukommen werden.  

6. Unsere Forderungen:

– keine Zustimmung zum beantragen Planänderungsverfahren!

– hilfsweise vor Abschluss des Planänderungsverfahrens verbindliche Regelungen zur vollständigen Kostenübernahme der finanziellen Folgelasten durch den Vorhabensträger

– hilfsweise vor Abschluss des Planänderungsverfahrens verbindliche Regelungen zur Entscheidungsfreiheit über die Gestaltung des oberirdischen Straßenraums durch die Stadt Starnberg

– besser noch:

Abbruch des einige Hundert Millionen Euro teuren Vorhabens und Einstellung jeder weiterer Planungen, die die Ausdehnung der B2 im Starnberger Stadtgebiet vorsieht, dafür eine Verlegung der B2 auf die Westumfahrung ab dem Maxhof-Kreisel und Abstufung der bisherigen B2 zur Staatsstraße.

Abkehr von dieser längst überholten Ausrichtung der Kleinstadt Starnberg auf den höchstmöglichen Durchfluss von Pkw und Lkw. Stattdessen gerechte Aufteilung vorhandener Verkehrsräume auf alle Verkehrsarten.