Haushaltsrede
BMS-Stadtratsfraktion 2021
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir bedanken uns bei der gesamten Verwaltung, ganz besonders bei Herrn Stadtkämmerer Deller, Ihnen Frau Karg, und dem Geschäftsleiter Herrn Beck für die gute Vorbereitung und Begleitung der Haushaltsberatungen .
Das Werk ist fertig und soll heute beschlossen werden. Die Zahlen im Haushalt, den Anlagen, den Berichten und Übersichten sprechen nicht nur eine kommunalwirtschaftliche Sprache, sie sind auch Ausdruck der Poltiik, die dahintersteckt.
Es wird Sie nicht verwundern, wenn wir uns als BMS-Fraktion in dieser Politik nicht überall wiederfinden. Ich möchte es an ein paar Beispielen erläutern.
Lassen Sie mich mit zwei Statements aus dem Vorbericht beginnen:
1. Auf Seite 4 zum Haushaltsvollzug im Jahre 2020 „Da in der Haushaltsplanung höhere Steuerrückgänge eingerechnet waren, als diese dann tatsächlich eintrafen, konnten teilweise erhebliche Mehreinnahmen verzeichnet werden. Die staatliche Finanzzuweisung zum pauschalen Ausgleich der Gewerbesteuermindereinnahmen in Höhe von 5 Mio. Euro wurde im Haushalt nicht veranschlagt, da Mitte des Jahres der Verteilungsmechanismus noch nicht bekannt war.
Was heisst das in echt?
Das ganze Jahr 2020 bis heute wird den Leuten erzählt, welche katastrophale Haushaltslage in Starnberg herrscht. Tatsache ist aber, dass rund 8 Mio. Euro Steuereinnahmen und Gewerbesteuerkompensation im Haushalt 2020 gar nicht (auch nicht teilweise) veranschlagt wurden. Unter dieser Prämisse wurden dann sozial nicht unbedingt verträgliche Steuer- und Gebührenerhöhungen (Grundsteuer, Kindergartengebühren) durchgedrückt. Dass dem Vorschlag des Rathauses, auch die Gewerbesteuer erheblich zu erhöhen, im letzten Moment Einhalt geboten werden konnte, versöhnt ein bisschen.
2. Auf Seite 12 zur Zuführung 2021
„Die geringe Zuführung vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt in Höhe von 800 Euro entspricht nicht der Regelung der KommHV, wonach im Verwaltungshaushalt ein Überschuss in Höhe von mindestens der regulären Tilgungsleistungen bei den Krediten eingeplant werden muss.“ Sicherlich – coronabedingt kann von dieser Regelung derzeit abgewichen werden. Trotzdem heisst das, die Stadt Starnberg plant in diesem Jahr, überhaupt keine Mindestzuführung ein. Das ist neu, das ist gänzlich neu! Und ganz sicherlich kein Grund, Herr Fiedler, über einen Haushalt zu jubeln, der ja so toll im Vergleich zu früher wäre, obwohl er keine Mindestzuführung ausweist, also nichts zur Schuldentilgung beiträgt. So ein Haushalt kann sich sehen lassen, ist aber nicht außerordentlich toll.
Getoppt wird Herr Fiedlers Jubel nur noch von Herrn Beigels Bemerkung im letzten HFA, wir stünden in Starnberg vor einem „Scherbenhaufen“, finanziell gesehen.
Zuerst dachte ich, dass sei eine humoristische Bemerkung, in Anbetracht dessen, dass das Kasbrettl nicht aufgeführt werden kann, sogar verständlich, dann sollen die Gags eben im Stadtrat ihren Niederschlag finden.
Aber das war leider nicht so gemeint. Herr Beigel bezeichnet allen Ernstes die finanzielle Lage der Stadt Starnberg als Scherbenhaufen.
Eine Stadt, die immer noch und fortwährend, hohe Steuereinnahmen hat, das zeigt schon die Spitzenreiterposition im gesamten Landkreis.
Eine Stadt, die es geschafft hat, in den letzten Jahren den Schuldenberg, der durchaus hoch war, nahezu zu halbieren ( von über 20 auf rund 10 Mio. Euro), deren Verschuldung in der Zeit unter dem Landesdurchschnitt gebracht wurde, und die damit überhaupt erst den Spielraum für Kreditaufnahmen für zukunftsfähige Investitionen geschaffen hat.
Herrn Beigels Spruch vom Scherbenhaufen hört sich für die Presse und Öffentlichkeit gut an, unter Scherbenhaufen kann sich wirklich jeder was vorstellen. Vielleicht Thomas, war es auch nur deine Absicht, mich wie so oft persönlich zu treffen und meine Arbeit als Bürgermeisterin schlecht zu reden. Damit kann man ja durchaus erfolgreich sein.
Die andere Seite der Medaille ist aber, dass seine CSU zusammen mit anderen Fraktionen spätestens Mitte 2017 eine komfortable Mehrheit gehabt haben, wo sie jederzeit den Kurs hätten wechseln können. Das haben sie aber nicht. Vielmehr haben sie den vorgeschlagenen Kurs der Verwaltung bestätigt, Projekte und Haushalte beschlossen. Das war aus unserer Sicht natürlich gut so, hätte aber, wenn die CSU schon damals eine anderen Kurs gewollt hätte, auch ganz anders aussehen können. Eine Haushaltspolitik, die maßgeblich von der CSU mitbestimmt wurde, als Scherbenhaufen zu bezeichnen, Herr Beigel, das ist ein klassisches Eigentor.
Die Politik des letzten Jahres und die im Haushalt für 2021 abgebildete Politik ist vielfach nicht die unsere.
Sie ist geprägt von Hängepartien, wie bei der Musikschule, die jetzt seit einem Jahr gespielt wird. Weiterführende Planungen liegen längst vor, die staatliche Förderung ist gesichert und trotzdem wird hier kein Entschluss gefasst, das Projekt weiterzuführen. Vielleicht gibt’s einen anderen Standort, vielleicht gibt’s einen Investor, vielleicht wird das Tafelsilber auch einfach verscherbelt.
Wir sehen, dass Wahlversprechen noch im Wahljahr gebrochen werden. Günstiges Bauland, geförderte Wohnungen – kein Thema, alle haben es im Wahlkampf versprochen. Die Mehrheit im Stadtrat hat zwei laufende Projekte in nichtöffentlichen Sitzungen dazu gekillt. —- Wein predigen und dann eiskaltes Wasser servieren?
Die Politik ist geprägt von der panikartigen Schließung des Bayerischen Hofes wegen Einsturzgefahr. Da reibt man sich echt die Augen. Wäre ja nicht weiter tragisch, wenn es sich um eine ungenutzte Immobilie handeln würde, aber so wurden einem Hotel und einer mehr als beliebten Gastro das Licht ausgemacht. Wofür? Damit wir wieder in die Endlosschleife einsteigen, eine 400.000 Euro teuren Wettbewerb ausschreiben und am Ende wieder feststellen, dass eine Sanierung eben ihr Geld kostet aber auch wert ist, um die schönsten Orte im Stadtbild zu bewahren und Leben in die Stadt zu bringen bzw. zu halten.
Es gefällt uns ganz und gar nicht, dass das Thema Barrierefreiheit so gut wie keinen Stellenwert mehr hat. Sehr wichtige Projekte dazu werden entweder sofort gekillt oder auf das kommunalpolitische Abstellgleich geschoben (barrierefreie Erschließung von St. Stefan, der Umbau der Leutstettnerstraße, Gehwege in der Jahnstraße usw.). Das ist wirklich bitter.
Diese Anmerkungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind uns ernst. Nehmen Sie sie bitte nicht persönlich, sondern verstehen sie als konstruktive Kritik.
Wir wünschen uns von Ihnen Herr Bürgermeister und den Stadtratskollegen, von uns allen, und da bin ich ganz bei Tim Weidner, dass wir noch einmal wirklich innehalten und nachdenken, ob diese Strategie so wie sie jetzt im Haushalt abgebildet ist, auf Dauer die beste für die Stadt und damit meine ich die Menschen in dieser Stadt ist.
Weshalb bringen wir nicht wie so viele andere Kommunen und auch der Landkreis den Mut auf, diese besondere Zeit zu nutzen um notwendige Projekt mit billigsten Krediten zu finanzieren? Wieso geben wir den Menschen in Starnberg nicht Zuversicht und Perspektive, wenn wir Projekte, die besonders für die Familien in Starnberg wichtig sind, mit besonderer Priorität und Kreativität in der Abwicklung gemeinsam anpacken?
Es ist wirklich ein schmaler Grat zwischen richtigerweise sparsam wirtschaften und kaputt sparen, ebenso schmal wie der Grat zwischen zukunftsorientiert investieren und Geld zum Fenster raushauen. Wir sehen, dass wir uns zunehmend auf die falsche Seite des Grates zubewegen, nämlich mühsam Geschaffenes zu zerstören, Illusionen hinterherzulaufen und Immobilienspekulationen zu betreiben, anstatt klare Kante zu zeigen und tatkräftig zu investieren, sozialen Ausgleich zu schaffen und generationengerecht und nachhaltig zu arbeiten.
Es gibt aber noch Zeit, um dies zukünftig zu korrigieren. Wir hoffen darauf, dass wir diese Haltung hier im Gremium auch vermitteln können.
Trotz aller Kritik müssen wir keine Kröten schlucken und werden den Haushalt selbstverständlich mitbeschließen, aus Respekt vor der Arbeit der Verwaltung und der hier im Stadtrat gefassten Beschlüsse und vor allem, weil wir die früher hier geübte Kampfmaschinenpolitik und Dauerdruckbetankung von Verwaltung und Bürgermeister bestimmt nicht fortführen werden.